Das Jahr 2023 scheint für Rollenspielfans wahrlich zu etwas Besonderem zu werden, denn durch das 35-jährige Jubiläum von Final Fantasy ist Square Enix bei den veröffentlichten Spielen sehr großzügig. Neben Ablegern wie Chocobo GP und Stranger of Paradise Final Fantasy Origin sowie Remakes von zum Beispiel Final Fantasy 7 hat sich Square Enix mit der Final Fantasy Pixel Remaster-Collection auch den ersten sechs Teilen der Reihe angenommen, die nach ihrem PC-Debüt 2021 nun endlich den Weg auf die modernen Konsolen gefunden haben. Schauen wir uns also an, ob Square Enix den Charm dieser Frühwerke, die von 1987 bis 1994 ursprünglich auf den 8- und 16-Bit-Konsolen von Nintendo, also NES und SNES, erschienen, erhalten konnte. Zunächst gehe ich auf jeden einzelnen Spieletitel ein und erläutere im Anschluss, warum sich der Kauf dieser Collection durchaus lohnt, auch wenn viele von euch sicher bereits einige Ableger dieser Serie für eine andere Konsole besitzen.
Die alten Easter Eggs wurden übernommen
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Final Fantasy I
Der erste Teil der Final Fantasy-Reihe erschien 1987 und zeigt sich nach heutigen Rollenspielstandards eher schlicht. Eure Helden müsst ihr zu Beginn selbst benennen und auch ihre Berufe müssen zunächst ausgewählt werden. Dabei müsst ihr durchaus weise vorgehen, denn die Jobs Krieger, Schwarzmagier, Weißmagier, Rotmagier und Dieb können später nicht gewechselt werden. Die Vierer-Heldengruppe kommt nach einer langen Reise in das Königreich Cornelia an und wird direkt mit der Rettung der Prinzessin Sela beauftragt. Nachdem ihr Entführer Garland besiegt wurde, öffnet sich für euch die Spielwelt und ihr müsst dabei helfen, den elementaren Kristallen (wichtige Objekte vieler Final Fantasy-Spiele) ihre Kraft zurückzugeben – so will es die „Prophezeiung Lukans“. FF I unterhält euch mit der kürzesten Spieldauer des gesamten Franchise, denn nach ca. 15 Stunden bekommt ihr schon den Abspann zu sehen.
Der sichtbare Charakter eurer Truppe lässt sich per Schultertaste bequem auswechseln
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Final Fantasy II
Der gefährliche Imperator fängt plötzlich an, sämtliche Nationen anzugreifen. Als das Königreich Finn zu fallen droht, fliehen vier junge Menschen zur naheliegenden Stadt Althea. Während Firion, Maria und Ghai nur knapp überleben, fehlt von Leon jede Spur. Die drei Helden beschließen daraufhin, sich der Rebellengruppierung Wildrose anzuschließen und Leon zu suchen. Das Imperium steht derweil kurz davor, den Zerstörer in Bafusk fertigzustellen, eine grauenvolle Waffe, die viele Todesopfer fordern soll. Prinzessin Hilda aus dem Königreich Finn schickt euch deshalb auf die Suche nach dem legendären Metall Mithril, denn die übriggebliebenen Menschen haben damit die Möglichkeit, dem Imperium die Stirn zu bieten. Im zweiten Ableger tauchen nicht nur die beliebten Chocobos zum ersten Mal auf, auch für das Gameplay hatte sich Squaresoft etwas Neues ausgedacht. Einerseits müsst ihr euch in den vielen Gesprächen Schlüsselwörter merken, die bei unterschiedlichen NPCs angewandt die Geschichte voranbringen, und andererseits verzichtet Final Fantasy II gänzlich auf Erfahrungspunkte nach gewonnenen Kämpfen. Dieses einzigartige System levelt die Fähigkeiten wie Zauber und Waffen eurer Truppe nur dann, wenn ihr sie auch benutzt. Eure Lebenspunkte steigen entsprechend ebenfalls nur, wenn ihr die Kämpfe mit wenig Energie beendet. Euer Verteidigungswert ist dabei an der Anzahl von Treffern gekoppelt.
Die bekannten Zwiebelritter feiern ihr Debüt im dritten Teil
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Final Fantasy III
Teil drei der Spieleserie erzählt von vier Waisenkindern, die im Dorf Ur vom Ältesten Topapa großgezogen wurden. Als ein Erdbeben eine naheliegende Höhle öffnet, werden die vier Zwiebelritter (der Ausgangsberuf im dritten Final Fantasy-Ableger) neugierig und reisen dorthin. Legenden besagen, dass dort ein Kristall schlummert. Dort angekommen, finden sie schließlich diesen Kristall, der beginnt, zu sprechen. Die Helden erfahren, dass sie die Auserwählten sind und die anderen Kristalle retten müssen. Sie erhalten die restliche Kraft des sprechenden Kristalls und damit die ersten erlernbaren Berufe: Krieger, Mönch, Weißmagier, Schwarzmagier und Rotmagier. Im Dorf wartet bereits der Älteste auf die Heldentruppe und schickt sie auf ihre lange Reise, um die Welt vor der „Dunkelheit“ zu bewahren.
Final Fantasy III legte seinen Gameplay-Fokus auf die vielen erlernbaren Berufe, die eine eigene Stufe besitzen und unabhängig vom Charakterlevel aufgestuft werden müssen. Nachdem ihr sämtliche Kristalle gefunden habt, kann eure Truppe bis zu 22 Jobs meistern, die ihr, je nach Gameplay-Vorliebe, unterschiedlich zusammenstellen könnt. Ob ihr Berufe wie Ninjas, Wikinger oder Dragoons auswählt, die sich auf physische Angriffe konzentrieren, oder euch für magiebegabte Schamane, Geomanten oder Evokateure entscheidet: Eure Helden können im dritten Ableger mächtiger denn je werden. Dadurch ist es nicht verwunderlich, dass das Erfahrungspunktesystem aus Final Fantasy I zurückkehren musste.
Mächtige Beschwörer machen euch im vierten Teil das Leben schwer
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Final Fantasy IV
Mit dem vierten Teil der Final Fantasy-Spielereihe zieht das bekannte Active Time Battle System ein. Die Kämpfe laufen immer noch rundenbasiert, aber um eine Attacke auswählen zu können, muss man sich gedulden, bis der Aktionsbalken voll aufgeladen ist. Durch Zauber wie Hast, andere Fähigkeiten und Statuswerte können manchmal mehrere Aktionen ausgeführt werden, bevor der Gegner wieder dran ist. Diese zusätzliche Zeitkomponente wurde in den folgenden Spielen übernommen, bis Final Fantasy X einen neuen Ansatz ausprobierte. Außerdem fokussierte sich Squaresoft mit diesem ersten SNES-Ableger auf eine noch größere Story. Die Geschichte dreht sich diesmal um Cecil Harvey, den ihr als Hauptprotagonisten spielen dürft. Er wurde als Findelkind vom König des Königreichs Baron großgezogen und verpflichtete sich später dem Königreich als Dunkelritter. Cecil, mittlerweile Kapitän der Rotschwingen Armee, einer mächtigen Luftwaffeneinheit Barons, muss in anderen Reichen für den König alle Kristalle einsammeln. Doch er beginnt, Zweifel zu hegen, ob sich ein so rigoroses Verhalten mit dem Tod vieler Unschuldiger und seinem eigenen Gewissen vereinbaren lassen. Als der König davon erfährt, wird Cecil des Verrates bezichtigt und verliert seinen Kapitänsstatus. Stattdessen soll er einen Ring in ein befeindetes Dorf bringen. Dort angekommen, bringt dieser „Bombenring“ den Tod für die Einwohner. Das Dorf brennt nieder und Cecil und sein Begleiter Kain, ein Dragoon, der selbst Zweifel hegt, beginnen Pläne zu schmieden, um den König aufzuhalten, wodurch eine weitere spannende Reise anfängt.
Der Slapstick-Humor in Final Fantasy V funktioniert auch heute noch
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Final Fantasy V
Die elementaren Kristalle sind auch im fünften Final Fantasy-Teil in Gefahr. Bereits zu Beginn des Spiels sieht sich die Bevölkerung mit einem großen Problem konfrontiert, denn die Existenz des Windes droht zu schwinden. Der König Tycoon reist daraufhin mit seinem Drachen zum Windschrein, um die Ursache dieses Phänomens zu finden. Er sieht den Windkristall zerbersten, woraufhin auch der Wind verschwindet. Seine Tochter Lenna macht sich Sorgen und versucht, selbst zu dem Schrein zu gelangen. Auf dem Weg trifft sie auf weitere Charaktere: Bartz, der mit seinem Chocobo Boko nur die Welt bereisen möchte, Galuf, der von einem Meteoriten getroffen wurde und nun unter Amnesie leidet, und Faris, ein Pirat, der sich der Truppe anschließt. Schon bald stellt sich heraus, dass diese vier Helden die Krieger des Lichtes sind und die weiteren Kristalle (Feuer, Wasser, Erde) vor einer unbekannten Macht beschützen müssen. Das Besondere an diesem Teil ist das neue Jobsystem, angelehnt an das dritte Final Fantasy-Spiel. Ihr könnt euren Job diesmal nicht nur wechseln, sondern die berufseigenen Fähigkeiten auch miteinander kombinieren. Erlernte Fähigkeiten können mit anderen Jobs benutzt werden. So kann ein Weißmagier entstehen, der auch Schwarzmagie beherrscht.
Das düsterste und letzte Final Fantasy-Spiel, das für das SNES erschien
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Final Fantasy VI
Der letzte Final Fantasy-Teil dieser Sammlung ist auch der letzte für das SNES, bevor sich Squaresoft entschied, Nintendos Konsolen vorerst nicht mehr zu bedienen und zu Sony zu wechseln. Meiner Meinung nach ein Pflichtteil für alle Rollenspielfans da draußen! Die Welt von Final Fantasy 6 gleicht dem Steampunk-Genre aus der Literatur. Tausende Jahre ohne Magie brachten die Entwicklung von dampfbetriebenen Maschinen auf ihren Höhepunkt. Militärische Mächte wollen die Magie dennoch wiedererlangen, um die Menschheit knechten zu können. Die Story beginnt mit Terra, einer Hexe, die durch einen Stirnreif ihren Willen verliert und für den Imperator arbeitet. Als in Narshe, der Stadt, die sich bisher einer Invasion des Imperiums entziehen konnte, eine Esper (magisches Wesen) gefunden wird, macht sie sich auf den Weg. Die Esper wird erweckt, Terra verliert ihren Knechtreif und muss im Anschluss von dem Schatzjäger Locke unterstützt werden. Die Geschichte über die Rettung der Welt ist auch deshalb so erinnerungswürdig, weil die 14 spielbaren Charaktere mit ihrer Hintergrundstory detailreich und liebevoll geschrieben wurden. Auch die Widersacher, der Imperator Gestahl und sein Handlanger Kefka, wissen zu unterhalten und zeigen sich als wandelbare und tiefgründige Gegner.
Verglichen mit den Vorgängern, wirkt Final Fantasy VI mit seinem Gameplay auch heute noch modern. Die Berufe können zwar nicht mehr gewechselt werden, aber die Partymitglieder glänzen durch eigene Fähigkeiten wie „Stehlen“ oder „Werfen“. Somit kann die Truppe je nach Wunsch zusammengewürfelt werden. Vor allem in Final Fantasy II oder IV verschwinden je nach Storyverlauf die Charaktere immer wieder, weshalb ihr mit dem Aufleveln oft von vorne beginnen müsst. Dies kommt im sechsten Ableger zum Glück selten vor. Und dadurch, dass gefundene Esper an eure Helden gekoppelt werden können, besitzen alle Charaktere die Fähigkeit, die wichtigsten Zauber zu erlernen. Mit einer Spieldauer von etwa 35 Stunden ist Final Fantasy VI zwar der längste Teil der Serie, spielt sich aber dank des großartigen Gameplays und dem Charakterdesign sehr kurzweilig. Vielleicht ist das der Grund, weshalb vor allem der sechste Teil so einprägsam ist und bei den Fans auf der Beliebtheitsskala ganz weit oben steht.
Sinnvolle Neuerungen modernisieren Gameplay und Grafik
Die Final Fantasy-Serie hat, wie man sieht, im Laufe der Zeit viele Veränderungen und Anpassungen durchlebt. Ob Gameplay oder Grafik: Square Enix (damals Squaresoft) hat mit seinen Verbesserungen die Serie zum Erfolg geführt. Es lohnt sich also jetzt durchaus, einen Blick auf die Anfänge der Spielereihe zu werfen, denn die vielen neuen Updates, die für alle sechs Final Fantasy Pixel Remaster kreiert wurden, erhöhen den Wiederspielwert enorm. Die größte Veränderung ist schnell sichtbar, denn die neue 2D-Pixel-Grafik sieht atemberaubend aus. Während sich der höher aufgelöste Hintergrund von den Charakteren abhebt, zeigen sich Details wie das Funkeln des Meeres, Wirbelstürme, Nebel und andere Effekte und erschaffen eine lebendige Welt. Das Display der Switch und deren Seitenverhältnis wird vollständig ausgenutzt und obwohl sich die Pixelgrafik durchgängig ähnelt, blieben die charakteristischen Elemente der einzelnen Final Fantasy-Spiele erhalten. So zeigt sich zum Beispiel Final Fantasy I bunter oder Final Fantasy VI düsterer; somit behalten sie ihre Einzigartigkeit und ihren Wiedererkennungswert, für die sie beliebt sind. Mit dem klassischen Font oder dem neuen abgerundeten und modernen Font kann das User Interface je nach Belieben angepasst werden. Die Soundtracks aller Final Fantasy-Teile wurden außerdem neu arrangiert und erhielten eine orchestrale Version, die sich gut in das Gesamtwerk einfügt. Optional lassen sich in den Einstellungen die alten Musikversionen auswählen oder im Musikplayer alle Lieder miteinander vergleichen und anhören.
Schnell fällt auch auf, wie hoch der Schwierigkeitsgrad damals war. Bevor man sich dem nächsten Dungeon oder Bossgegner stellen konnte, musste man lange aufleveln. Dies lässt sich nun einfacher bewerkstelligen. Die Einstellungen erlauben eine 0,5-, 1-, 2- und 4-fache Erhöhung der Erfahrungspunkte und erhaltenen GIL-Menge nach einem Kampf, um einen zähen Spielablauf zu vermeiden. Wer auf Zufallskämpfe in einzelnen Abschnitten komplett verzichten will, kann auch diese Funktion im Menü finden oder per Tastendruck schnell ein- und wieder ausschalten. So werden die Schatzsucher unter euch nicht mehr von unzähligen Kämpfen belästigt und sparen somit viel Zeit. Auch die Möglichkeit, jederzeit zu rennen und per Analogstick sogar diagonal zu laufen, hat schnell seine Vorteile gezeigt und das automatische Speichern, nachdem man ein Gebiet oder Gebäude verlässt oder wechselt, lässt euch unkompliziert weiterspielen, ohne die langen Dungeon-Abschnitte noch einmal durchlaufen zu müssen. Weitere Neuerungen sind zum Beispiel die Galerie, die euch wahre Kunstwerke von Yoshitaka Amano, der für die Charakterzeichnungen bekannt ist, zeigt, und die Monsterfibel, in der ihr sehen könnt, welche Gegner ihr schon besiegt habt. Durch diese diversen Anpassungen hat Square Enix ein großartiges Rundumpaket geschnürt.
Zwei Probleme sollten dennoch angesprochen werden, die in naher Zukunft hoffentlich per Update behoben werden. Die Scanline-Filter, die in den Einstellungen hinzugefügt werden können, beeinflussen die Grafik zu stark. Dieser Bildfilter dient normalerweise dazu, auf modernen LCD- oder OLED-Bildschirmen einen CRT-Röhrenfernseher zu simulieren und das Spielerlebnis aus dieser Zeit zu ermöglichen. In diesem Falle wirkt sich der Effekt negativ auf die Texturen aus, die dadurch verwaschen aussehen. Außerdem kam es beim Testen aller Final Fantasy-Spiele ab und an zu kleinen Rucklern, die zwar selten waren und sich dadurch nicht negativ auf den Spielspaß ausgewirkt haben, aber dennoch nennenswert bleiben.